Zwischenmolekulare Kräfte

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Die zwischenmolekularen Kräfte (ZMK) basieren im Grunde auf der elektrostatischen Anziehung zwischen positiven und negativen Ladungen, der so genannten Coulombkraft. Bei ihnen handelt es sich nicht um Kräfte, die zur Bildung von Verbindungen zwischen einzelnen Atomen führen (wie kovalente Bindungen, Ionenbindungen sowie Metallbindung). Nur bei den Edelgasen haben die zwischenmolekularen Kräfte Wirkung zwischen einzelnen Atomen, da diese Elemente keine Moleküle bilden. Schmelz- und Siedepunkt sowie die Löslichkeit von Stoffen werden von diesen Kräften beeinflusst. Es gibt drei Arten der zwischenmolekularen Kräfte. Ihrer Stärke nach aufgelistet, beginndend mit den schwächsten, sind dies die Van-der-Waals-Kräfte, Dipol-Dipol-Kräfte und Wasserstoffbrücken.

Die Van-der-Waals-Kräfte

Die Schwächsten der drei zwischenmolekularen Kräfte sind die so genannten Van-der-Waals-Kräfte (VdW-Kräfte). Die VdW- Kräfte wirken zwischen allen Molekülen, unpolaren wie polaren und den Edelgasatomen. Sie sind die einzigen zwischenmolekularen Kräfte, die auch zwischen unpolaren Molekülen wirken. Die Stärke der VdW-Kräfte sind abhängig von der Anzahl Elektronen im Stoffteilchen. Da mit zunehmender Elektronen-Zahl meist auch die Masse zunimmt gilt als Faustregel: Je grösser die Molekülmasse, desto stärker die VdW-Kräfte.

Entstehung der VdW-Kräfte

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Abb. 1 Entstehung der VdW-Kräfte bei unpolaren Molekülen

Wie aber entstehen nun die VdW- Kräfte? (siehe Abb.1)

Einen Aspekt darf man bei der graphischen Darstellung von Molekülen nicht vergessen, der bei Grafiken nicht oder nur ungenügend dargestellt wird. Die Elektronen der Atome innerhalb der Moleküle sind nicht absolut bewegungslos. Durch die Brownsche Bewegung kommt es andauernd zu Kollisionen der Moleküle, wodurch sich vorübergehende Polarisierungen ergeben. Durch diese Polarisierung kommt es zu einer Anziehung zwischen den Molekülen, da nun ja ebenfalls vorübergehende Partialladungen vorhanden sind. Da die Polarisierung nur vorübergehend ist sind die VdW-Kräfte schwach und ebenfalls nur vorrübergehend, allerdings kommt es auch stetig zu neuen Kollisionen. Diese Kräfte sind also nicht nur von der Molekülmasse abhängig sondern auch von der Verformbarkeit (Polarisierbarkeit) und der Grösse der Oberfläche des Moleküls. Diese beiden Faktoren hängen aber direkt mit der Masse des Moleküls zusammen. Je grösser die Molekülmasse, desto grösser die Oberfläche, desto grösser die Verformbarkeit und desto grösser sind somit auch die Van-der-Waals-Kräfte.

Abb. 2 Veränderung der Siedepunkte bei den VdW-Kräften

Die Veränderung des Schmelz- und Siedepunktes durch die VdW-Kräfte

Je grösser die VdW- Kräfte sind, desto höher sind Schmelz- und Siedepunkt des Stoffes, wie in der Abb.2 zu sehen ist. In der Abbildung kann man sehen, dass gilt: Je höher der Schmelz – und Siedepunkt sind, desto grösser ist auch die Molekülmasse. (Fluor [F2] bis Iod[I2])












Die Dipol-Dipol- Kräfte

Ein polares Molekül wird Dipol genannt, wenn es einen positiven und negativen Pol aufweist. Zwischen diesen polaren Molekülen wirken die so genannten Dipol-Dipol-Kräfte, die durch die elektrostatische Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Polen zustande kommen. Es kommt zu einer Anziehung zwischen den Dipolen und sie ordnen sich in einem elektrischen Feld an. Die Dipol-Dipolkräfte sind die zweitstärksten zwischenmolekularen Kräfte, die es gibt.

Abb. 3 Pol-Lokalisierung am Beispiel von Wasser
Abb. 4 zusammenfallende Pole bei Kohlendioxid

Dipol?

Um festzustellen, ob ein polares Molekül ein Dipol ist oder nicht, müssen der positive und der negative Pol des Moleküls lokalisiert werden. In einem Molekül mit mehreren Bindungen befindet sich der positive Pol in der Mitte aller positiv polarisierten Atome des Moleküls, mit dem negativen Pol verhält es sich analog. (Abb.3) Fallen nun der positive und der negative Pol des Moleküls zusammen, wie es beim Beispiel CO2 (siehe Abb.4)zu sehen ist, so handelt es sich nicht um einen Dipol, d.h. es sind keine Dipol-Dipol-Kräfte vorhanden und daher sind der Schmelz – und Siedepunkt sehr niedrig.

Um die Polarität eines Moleküls bestimmen zu können, muss man jedoch nicht nur die Polaritäten der einzelnen Bindungen innerhalb des Moleküls kennen, sondern auch auf die geometrische Struktur des Moleküls und freie Elektronenpaare achten. Die Struktur eines Moleküls kann mit Hilfe des EPA-Modells (Elektronenpaar-Abstossungs-Modell) ermittelt werden.








Abb. 5 Veränderung der Siedepunkte bei den Dipol-Dipol-Kräften




Die Veränderung des Schmelz- und Siedepunktes durch die Dipol-Dipol-Kräfte

Bei den Dipol-Dipol-Kräften spielt die Masse der Moleküle keine Rolle, dies sieht man sehr schön daran, dass HCl zwar eine geringere Molekülmasse hat als F2 aber einen bedeutend höheren Schmelz- und Siedepunkt aufweist (siehe Abb.5). HCL ist polar im Gegensatz zu F2 und weist Dipol-Dipol-Kräfte auf. Es gilt also auch bei den Dipol-Dipol-Kräften: Je stärkere Dipol-Dipol-Kräfte ein Molekül aufweist, desto höher ist der Schmelz- und Siedepunkt des Stoffes.






Exkurs: EPA-Modell

Das EPA-Modell (Elektronenpaarabstossungsmodell) oder VSEPR-Modell (Valence shell electron pair repulsion, deutsch Valenzschalen-Elektronenpaar-Abstoßung) zeigt, dass die räumliche Gestalt von Molekülen durch die gegenseitige Abstossung der Elektronepaare der Valenzschale bestimmt wird. Dabei ordnen sich die Elektronenpaare so an, dass der Abstand zwischen ihnen möglichst gross wird. Die freien Elektronenpaare brauchen etwas mehr Platz als die bindenden, weil sie näher am Kern liegen. Um ein Molekül zu zeichnen muss als erstet die Verknüpfung der Atome mit der Elektronenstrichformel (Lewis-Formel) bestimmt werden. Anschliessend müssen für jedes Atom mit mindestens zwei Bindungspartnern die Bindungspartner und die freien Elektronenpaare gezählt werden. Die Anzahl Bindungspartner entspricht der Anzahl der bindenden Elektronenpaare. Dabei werden Mehrfach-Bindungen wie Einfachbindungen behandelt. Schlussendlich können mit Hilfe der unteren Tabelle die Bindungswinkel bestimmt und das Molekül gezeichnet werden.

Die Tabelle gibt die Winkel im Molekül an


Wasserstoffbrücken

Wasserstoffbrücken (H-Brücken) sind die stärksten zwischenmolekularen Kräfte. Für ihre Bildung müssen beide Moleküle stark polare Bindungen besitzen, d.h. eine Asymmetrie muss vorhanden sein, entweder stark positiv oder stark negativ. Die Moleküle müssen aber keineswegs Dipole sein. Das positiv geladene H-Atom des einen Moleküls und das freie /die freien Elektronenpaar/e des negativ geladenen Atoms des anderen Moleküls ziehen einander an. H-Brücken sind als einzige ZMK über längere Zeit stabil.

Positive und negative Brückenköpfe

Wasserstoffbrücken-Liste.png


Positiver Brückenkopf
Immer(!) ein stark polarisiertes H-Atom

negativer Brückenkopf
negativ polarisierte Atome
H-Brücken nur bei F, O und N

Ist es möglich eine Wasserstoffbrücke zu bilden, so wird dies auch immer(!) getan. Sie können nur sehr schwer aufgehoben werden und dominieren bei vergleichbar grossen Molekülen über die anderen ZMK-Kräfte. Dennoch sind Wasserstoffbrücken schwächer als Elektronenpaarbindungen.

Abb. 6 Veränderung der Siedepunkte bei Wasserstoffbrücken

Die Veränderung des Schmelz- und Siedepunktes durch die Wasserstoffbrücken

Wie bei allen ZMK-Kräfte gilt auch bei den Wasserstoffbrücken, je mehr Wasserstoffbrücken gebildet werden desto höher sind Schmelz – und Siedepunkt des Stoffes(siehe Abb.6). Dies ist auch der Grund weshalb Wasser (mit 4 H-Brücken pro Molekül) einen vergleichbar hohen Schmelz – und Siedepunkt hat (100°C).






Beispiele

Funktionsweise von Frostschutzmittel

Ethylenglycol
Ethylenglycol.png Es erfolgt eine Erniedrigung des Schmelzpunktes, da Ethylenglycol im Vergleich zu Wasser weniger H-Brücken bildet.

Zucker

Zucker besitzt lange Moleküle und kann viele Wasserstoffbrücken bilden durch stark positiv geladene H-Atome sowie einem stark negativ-polarisierten O-Atom, daraus ergibt sich in Verbindung mit Wasser die hohe Klebrigkeit von Zucker. Je mehr H-Brücken gebildet werden können desto klebriger ist ein Stoff.

Siehe auch

Die Bedeutung der ZMK

Im Kapitel der Bedeutung der ZMK wird darauf eingegangen, welche spezielle Eigenschaften Wasser durch die ZMK besitzt und welchen Einfluss die ZMK; insbesondere die H-Brücken bei den Proteinen hat, die Proteine werden mitunter auch durch H-Brücken zusammen gehalten.

Die Löslichkeit und die ZMK

Bei der Löslichkeit spielt es eine Rolle ob ein Stoff wasserlöslich (hydrophil) ist oder nicht (lipophil), dabei spielen die H-Brücken eine wichtige Rolle. Je mehr H-Brücken vorhanden sind, desto wasserlöslicher ist ein Stoff. Näheres dazu kann man im Kapitel der Löslichkeit nachlesen.

Quellen

Allgemein

  • Unterlagen aus dem Unterricht von Herr Deuber
  • "Chemie", Charles E. Mortimer & Ulrich Müller, erschienen 2007 bei Thieme (9. Auflage)
  • [1]

Grafiken

  • Abb.1: selbst erstellt
  • Abb.2: Chemieunterlagen
  • Abb.3: [2], selber noch verändert
  • Abb.4: [3], selber noch verändert
  • Abb.5: Chemieunterlagen
  • Abb.6: Chemieunterlagen