Die freie Enthalpie ΔG: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Verknüpfung der drei Grössen wird durch die Gibbs-Helmholtz-Gleichung verdeutlicht. Diese Gleichung zeigt, dass die Triebkraft einer Reaktion sowohl durch energetische Aspekte (Enthalpie) als auch durch die Rolle der Zufälligkeit (Entropie) bestimmt wird. | Die Verknüpfung der drei Grössen wird durch die Gibbs-Helmholtz-Gleichung verdeutlicht. Diese Gleichung zeigt, dass die Triebkraft einer Reaktion sowohl durch energetische Aspekte (Enthalpie) als auch durch die Rolle der Zufälligkeit (Entropie) bestimmt wird. | ||
− | Die Enthalpie ΔH ist eine Grösse, die den Wärmeinhalt eines Systems unter konstantem Druck beschreibt. Die Enthalpieänderung (ΔH) gibt also an, ob bei einer Reaktion Wärme abgegeben (exotherm, ΔH<0) oder aufgenommen (endotherm, ΔH>0) wird. Exotherme Reaktionen setzen Energie frei | + | Die Enthalpie ΔH ist eine Grösse, die den Wärmeinhalt eines Systems unter konstantem Druck beschreibt. Die Enthalpieänderung (ΔH) gibt also an, ob bei einer Reaktion Wärme abgegeben (exotherm, ΔH<0) oder aufgenommen (endotherm, ΔH>0) wird. Exotherme Reaktionen setzen Energie frei während endotherme Reaktionen Energie benötigen, um abzulaufen. |
− | Die Entropie ΔS ist ein Mass für die | + | Die Entropie ΔS ist ein Mass für die Wahrscheinlichkeit in einem System. Sie beschreibt die Anzahl der möglichen Zustände, die ein System einnehmen kann und ist der Indikator für die Wahrscheinlichkeit der Verteilung von Energie innerhalb eines Systems. Wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, ist zum Beispiel Abhängig von dem Aggregatzustand oder von den Anzahl Teilchen. Also wenn ΔS>0 ist, begünstigt es die Freiwilligkeit. Wenn ΔS<0 ist, dann wirkt es der Freiwilligkeit entgegen. |
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1882 veröffentlichte der deutsche Physiker Hermann von Helmholtz (1821-1894) die Abhandlung "Thermodynamik chemischer Vorgänge", in der er den Wirkungsgrad von elektrochemischen Vorgängen untersuchte. Im Zuge der Industrialisierung wurde die für die Fabrikation und den Transport notwendige mechanische und elektrische Energie aus Wärmeenergie durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie z.B Kohle gewonnen. Trotz grosser Bemühungen gelang es nicht, die gesamte Wärmeenergie in nutzbare Energie umzuwandeln: Ein Teil davon ging immer verloren. Helmholtz stellte also die Theorie auf, dass die gesamte Enthalpie eines exothermen chemischen Vorgangs aus einem nutzbaren Teil, der "freien Enthalpie" (ΔG), und einem nicht nutzbaren Teil, der "gebundenen Enthalpie", besteht. | 1882 veröffentlichte der deutsche Physiker Hermann von Helmholtz (1821-1894) die Abhandlung "Thermodynamik chemischer Vorgänge", in der er den Wirkungsgrad von elektrochemischen Vorgängen untersuchte. Im Zuge der Industrialisierung wurde die für die Fabrikation und den Transport notwendige mechanische und elektrische Energie aus Wärmeenergie durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie z.B Kohle gewonnen. Trotz grosser Bemühungen gelang es nicht, die gesamte Wärmeenergie in nutzbare Energie umzuwandeln: Ein Teil davon ging immer verloren. Helmholtz stellte also die Theorie auf, dass die gesamte Enthalpie eines exothermen chemischen Vorgangs aus einem nutzbaren Teil, der "freien Enthalpie" (ΔG), und einem nicht nutzbaren Teil, der "gebundenen Enthalpie", besteht. | ||
− | Die freie Enthalpie ist die maximal nutzbare Energie, die bei einem Prozess freigesetzt wird, während die gebundene Enthalpie die Wärmeenergie ist, die nicht in nutzbare Energie umgewandelt werden kann. Helmholtz formulierte die Beziehung: | + | Die freie Enthalpie ist die maximal nutzbare Energie, die bei einem Prozess freigesetzt wird, während die gebundene Enthalpie, nach der Vorstellung von Helmholtz, die Wärmeenergie ist, die nicht in nutzbare Energie umgewandelt werden kann. Helmholtz formulierte die Beziehung: |
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Rudolf Clausius führte später den Begriff der Entropie (ΔS) ein. Er definierte die Entropie als Verhältnis der Wärmeenthalpie zur Temperatur (ΔH/T). Helmholtz' Konstante x wurde gleichgesetzt mit der Entropieänderung ΔS, sodass: | Rudolf Clausius führte später den Begriff der Entropie (ΔS) ein. Er definierte die Entropie als Verhältnis der Wärmeenthalpie zur Temperatur (ΔH/T). Helmholtz' Konstante x wurde gleichgesetzt mit der Entropieänderung ΔS, sodass: | ||
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− | Weil sich bei sehr niedriger Temperatur die Teilchen kaum bewegen, die Unordnung deshalb gering ist, dominieren die Kräfte zwischen den Teilchen. Je höher die Temperatur, umso höher die Unordnung der Teilchen, und umso entscheidender für die Reaktion wird die Entropie ΔS. Die Temperatur spielt für die Entscheidung, ob eine Reaktion ablaufen wird, nur bei Dilemmareaktionen eine Rolle. | + | Weil sich bei sehr niedriger Temperatur die Teilchen kaum bewegen, die Unordnung deshalb gering ist, dominieren die Kräfte zwischen den Teilchen. Je höher die Temperatur, umso höher die Unordnung der Teilchen, und umso entscheidender für die Reaktion wird die Entropie ΔS. Die Temperatur spielt für die Entscheidung, ob eine Reaktion ablaufen wird, nur bei Dilemmareaktionen eine Rolle. |
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+ | Wie man nun nach dem Experiment sehen kann, hat die Temperatur einen sehr großen Einfluss auf die Freiwilligkeit einer Reaktion. In der Reaktion, dem Schmelzen von Eis zu Wasser, kann man sehr gut erkennen, dass umso höher die Temperatur ist, desto mehr wird die Reaktion begünstigt. Dies liegt daran, dass der entropische Beitrag (−T⋅ΔS) bei höheren Temperaturen stärker ins Gewicht fällt, wodurch die Reaktion freiwilliger abläuft. | ||
== Warum "freie" Enthalpie? == | == Warum "freie" Enthalpie? == | ||
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- Chemieunterlagen der Aargauischen Kantonsschule Baden | - Chemieunterlagen der Aargauischen Kantonsschule Baden | ||
- Chemiebuch "Chemie für das Gymnasium - Günter Baars und Roger Deuber | - Chemiebuch "Chemie für das Gymnasium - Günter Baars und Roger Deuber | ||
+ | - Eigene Unterrichtsnotizen | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
Swisseduc [http://swisseduc.ch/chemie/) Unterrichtsserver für Chemie] | Swisseduc [http://swisseduc.ch/chemie/) Unterrichtsserver für Chemie] | ||
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+ | StudySmarter [https://www.studysmarter.de/schule/chemie/physikalische-chemie/gibbs-helmholtz-gleichung/) Unterrichtsserver für Chemie und andere Fächer] | ||
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+ | Chemie.de [https://www.chemie.de/lexikon/Enthalpie.html) Website über Chemie] |
Aktuelle Version vom 27. Juni 2024, 09:27 Uhr
Die freie Enthalpie gibt Auskunft über die Freiwilligkeit einer chemischen Reaktion. Die Bezeichnung für die freie Enthalpie ist ΔG. Sie wird durch die Entropie ΔS und die Enthalpie ΔH definiert. Die Formel dazu lautet: ΔG = ΔH - ΔS⋅T
Inhaltsverzeichnis
Die Verknüpfung von ΔG mit der Enthalpie (ΔH) und der Entropie (ΔS)
Die Verknüpfung der drei Grössen wird durch die Gibbs-Helmholtz-Gleichung verdeutlicht. Diese Gleichung zeigt, dass die Triebkraft einer Reaktion sowohl durch energetische Aspekte (Enthalpie) als auch durch die Rolle der Zufälligkeit (Entropie) bestimmt wird.
Die Enthalpie ΔH ist eine Grösse, die den Wärmeinhalt eines Systems unter konstantem Druck beschreibt. Die Enthalpieänderung (ΔH) gibt also an, ob bei einer Reaktion Wärme abgegeben (exotherm, ΔH<0) oder aufgenommen (endotherm, ΔH>0) wird. Exotherme Reaktionen setzen Energie frei während endotherme Reaktionen Energie benötigen, um abzulaufen.
Die Entropie ΔS ist ein Mass für die Wahrscheinlichkeit in einem System. Sie beschreibt die Anzahl der möglichen Zustände, die ein System einnehmen kann und ist der Indikator für die Wahrscheinlichkeit der Verteilung von Energie innerhalb eines Systems. Wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, ist zum Beispiel Abhängig von dem Aggregatzustand oder von den Anzahl Teilchen. Also wenn ΔS>0 ist, begünstigt es die Freiwilligkeit. Wenn ΔS<0 ist, dann wirkt es der Freiwilligkeit entgegen.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Gibbs-Helmholtz-Gleichung den Einfluss von Enthalpie, Entropie und der Temperatur auf die freie Enthalpie und somit auch die Freiwilligkeit von Reaktionen verdeutlicht.
Die Berechnung von ΔG
Mit der Gibbs-Helmholtz-Gleichung kann man herausfinden, ob eine Reaktion ablaufen wird oder nicht. Doch wie ist diese Formel überhaupt entstanden?
1882 veröffentlichte der deutsche Physiker Hermann von Helmholtz (1821-1894) die Abhandlung "Thermodynamik chemischer Vorgänge", in der er den Wirkungsgrad von elektrochemischen Vorgängen untersuchte. Im Zuge der Industrialisierung wurde die für die Fabrikation und den Transport notwendige mechanische und elektrische Energie aus Wärmeenergie durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie z.B Kohle gewonnen. Trotz grosser Bemühungen gelang es nicht, die gesamte Wärmeenergie in nutzbare Energie umzuwandeln: Ein Teil davon ging immer verloren. Helmholtz stellte also die Theorie auf, dass die gesamte Enthalpie eines exothermen chemischen Vorgangs aus einem nutzbaren Teil, der "freien Enthalpie" (ΔG), und einem nicht nutzbaren Teil, der "gebundenen Enthalpie", besteht.
Die freie Enthalpie ist die maximal nutzbare Energie, die bei einem Prozess freigesetzt wird, während die gebundene Enthalpie, nach der Vorstellung von Helmholtz, die Wärmeenergie ist, die nicht in nutzbare Energie umgewandelt werden kann. Helmholtz formulierte die Beziehung:
ΔG= ΔH-T⋅x
Hier ist ΔH die gesamte Reaktionsenthalpie und T*x der Teil der Enthalpie, der in Form von Wärme verloren geht.
Rudolf Clausius führte später den Begriff der Entropie (ΔS) ein. Er definierte die Entropie als Verhältnis der Wärmeenthalpie zur Temperatur (ΔH/T). Helmholtz' Konstante x wurde gleichgesetzt mit der Entropieänderung ΔS, sodass:
x=ΔS
Dies führte dann zur bekannten Gibbs-Helmholtz-Gleichung:
ΔG= ΔH-T⋅ΔS
Was sagt ΔG über die Reaktion aus?
wenn ΔG<0, die Reaktion ist exergonisch (freiwillig), in einem abgeschlossenen System kann sie von alleine ablaufen.
wenn ΔG=0, findet keine Reaktion statt.
wenn ΔG>0, die Reaktion ist endergonisch (unfreiwillig), in einem abgeschlossenen System läuft sie nicht von alleine ab. In einem geschlossen oder in einem offenen System wäre dies z.B. durch das Zuführen von Energie oder Elektronen durchaus möglich.
Was für eine Rolle spielt die Temperatur T?
Weil sich bei sehr niedriger Temperatur die Teilchen kaum bewegen, die Unordnung deshalb gering ist, dominieren die Kräfte zwischen den Teilchen. Je höher die Temperatur, umso höher die Unordnung der Teilchen, und umso entscheidender für die Reaktion wird die Entropie ΔS. Die Temperatur spielt für die Entscheidung, ob eine Reaktion ablaufen wird, nur bei Dilemmareaktionen eine Rolle.
Beispiel: Schmelzen von Eis zu Wasser
H2O(s) ⇌ H2O(l)
ΔH: Schmelzenthalpie von Wasser = 6,01 kJ/mol bei 0°C → ΔH>0 ungünstig
ΔS: Bei 0°C = 0,022 kJ/mol → ΔS>0 günstig
Wenn, wie in diesem Fall, ΔH>0 ungünstig und ΔS>0 günstig ist, begünstigt eine höhere Temperatur die Freiwilligkeit des Prozesses. Der Prozess wird ab einer bestimmten Temperatur spontan, weil der entropische Beitrag (−T*ΔS) groß genug wird, um den energetisch ungünstigen Beitrag (ΔH) zu überwiegen.
Um herauszufinden, was für einen Einfluss die Temperatur hat, braucht man die Gibbs-Helmholtz-Gleichung:
ΔG = ΔH -T ⋅ ΔS
1. Bei 0°C
ΔG = 6,01kJ/mol-273.15K⋅0,022kJ/mol = 6.01kJ-6.01kJ = 0kJ/mol
ΔG=0, der Prozess ist im Gleichgewicht und das bedeutet, das Eis beginnt zu schmelzen.
2. Unter 0°C (z.B -5°C)
ΔG= 6,0kJ/mol-268.15K⋅0,022kJ/mol = 6,01kJ/mol-5,8993 = 0.1107kJ/mol
G>0, die Reaktion läuft nicht freiwillig ab und das Eis bleibt fest.
3. Über 0°C (z.B 5°C)
ΔG = 6,01kJ/mol-278.15K⋅0,022kJ/mol = 6,01kJ/mol-6,1193kJ/mol = -0.1093kJ/mol
G<0, die Reaktion ist freiwillig und das Eis schmilzt.
Wie man nun nach dem Experiment sehen kann, hat die Temperatur einen sehr großen Einfluss auf die Freiwilligkeit einer Reaktion. In der Reaktion, dem Schmelzen von Eis zu Wasser, kann man sehr gut erkennen, dass umso höher die Temperatur ist, desto mehr wird die Reaktion begünstigt. Dies liegt daran, dass der entropische Beitrag (−T⋅ΔS) bei höheren Temperaturen stärker ins Gewicht fällt, wodurch die Reaktion freiwilliger abläuft.
Warum "freie" Enthalpie?
Die freie Enthalpie ist eine nutzbare Energieform, da die Reaktionen von selbst ablaufen. Wird z.B. bei einer exothermen Reaktion viel Wärmeenergie frei, führt dies zur schnelleren Bewegung der Teilchen. Wenn man die Bewegung der Teilchen, die in eine bestimmte Richtung verlaufen, ausnutzt, kann man dadurch z.B. eine Turbine antreiben und die freigewordene Wärmenergie in elektrischen Strom umwandeln. Dies ist jedoch nicht ohne Verlust zu machen, da sich nicht alle Teilchen in die gleiche Richtung bewegen.
Quellen
- Chemieunterlagen der Aargauischen Kantonsschule Baden - Chemiebuch "Chemie für das Gymnasium - Günter Baars und Roger Deuber - Eigene Unterrichtsnotizen
Weblinks
Swisseduc Unterrichtsserver für Chemie
StudySmarter Unterrichtsserver für Chemie und andere Fächer
Chemie.de Website über Chemie